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100 Jahre Hohenzollernhaus 2123 m
(Westliche Ötztaler Alpen)
1924 – 2024
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Vorwort

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Vor 100 Jahren, am 3. August 1924, wurde das Hohenzollernhaus eingeweiht, über 100 Teilnehmer, vorwiegend Mitglieder der Sektion Hohenzollern, aber auch viele Gäste und Einheimische, kamen zur Bergmesse und nahmen den langen Weg von Pfunds hinauf zur Hütte auf sich. Alles steckte in dickem Nebel, es war frisch dort oben und zum Überfluss fing es auch noch an zu schneien, alles andere, nur kein Hohenzollern-Wetter.

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Was sich in diesen 100 Jahren im obersten Radurscheltal ereignet hat, welche Veränderungen und Verbesserungen an der und rund um die Hütte vorgenommen wurden, aber auch, welche Menschen, Sektionsmitglieder, Pächter mit viel Fleiß und Liebe dazu beigetragen haben, das kann man auf den nachfolgenden Seiten lesen.

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Helga Friedl

Chronist

Teil 1 (1924-1956)

Sektion Hohenzollern – Sektion Starnberg

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Wie hängt das zusammen ?

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Die Sektion Hohenzollern wurde 1905 in Berlin gegründet, in der Hauptstadt des Kaiserreiches gab es zu jener Zeit schon die Sektionen Berlin (1869), eine Akademische Sektion und die Sektion „Mark Brandenburg“ (beide 1899). Und natürlich hatte man, wie auch die Sektion Starnberg damals, Träume von einer eigenen Hütte; bereits 1913 bat man beim Hauptausschuss des DOeAV in Wien um Reservierung eines Arbeitsgebietes, die Sektion war schon 3400 Mitglieder stark. Man hatte sich das Kaunertal ausgesucht und wollte am Kaiserjoch eine Hütte errichten. Da jedoch die Sektion Frankfurt a.M. schon dieses Gebiet besetzt hatte und dort seit 1873 das Gepatschhaus betrieb, entschied man sich für das Radurscheltal mit dem Talort Pfunds. Diesen westlichen Teil der Ötztaler Alpen mit dem Glockturmkamm und den Nauderer Bergen wollte man denjenigen Bergsteigern erschließen, die stille Täler und einsame Hochgipfel in ihrer Unberührtheit und Schönheit genießen wollten.

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Der Besuch des lieblichen Radurscheltales schien sehr lohnend, im Talschluss ein Kranz formenreicher Gipfel mit leichten bis mittelschweren Touren, aber auch etwas für Kletterer. Und von allen Hochgipfeln eine wundervolle Aussicht auf die Ötztaler, auf Wildspitze, Weißseespitze, Weißkugel, wie auch hinüber zur Ortlergruppe, auf die nahen Schweizer Gipfel, auf Silvretta, Ferwall und Schesaplana im Westen, und im Norden auf die Lechtaler Alpen.

Aber dann kam der 1. Weltkrieg dazwischen, und mit ihm die Teilung Tirols mit dem Verlust von über 90 reichsdeutschen Hütten in Südtirol. Sofort nach dem Krieg wurden die Bemühungen vom 1. Vorsitzenden Victor Mattern - Matterngrat und -turm am Glockturm (!) – wieder

aufgenommen, und allen wirtschaftlichen und sonstigen Schwierigkeiten zum Trotz – Forst und Jägerschaft verweigerten lange Zeit die Zustimmung zum Bau – konnte das Hohenzollernhaus nach sehr kurzer Bauzeit am 3. August 1924 eingeweiht werden.

 

Eröffnung Hohenzollernhaus (1924)

 

86 Teilnehmer hatten sich für die Eröffnungsfeier angemeldet, am 2. August waren es dann fast 120, die Sektion hatte nach dem Krieg schon wieder fast 2000 Mitglieder. Der Wettergott meinte es nicht sehr gut, aber alle, die heraufgekommen waren, erfreuten sich an der kleinen behaglichen Hütte, die Unterkunft für 20 Bergsteiger bot, rechts der kleine Frauenschlafraum, links ein großer Schlafraum für Männer, abgetrennt noch ein kleiner Raum mit drei Lagern, vom

Vorraum eine Treppe hinauf zum Boden, der vorläufig nur ein Strohlager enthielt.

Aber schon vier Jahre nach der Einweihung konnte man am Radurschelbach wieder feiern, die Hütte war erweitert worden und Anna und Paula Köhle, Töchter des Pfundser Bürgermeisters,

übernahmen die Bewirtung.

Anna und Paula Köhle

In Österreichs Erster Republik ging es Anfang der Dreißiger Jahre genauso chaotisch zu wie in Deutschland. Die Kontrolle des grenzüberschreitenden Personen- und Warenverkehrs wurde in bisher nie gekannter Weise verschärft, die 1000-Mark-Sperre 1936 eingeführt, der spürbar aufgelebte Fremdenverkehr wurde einschneidend zurückgeworfen. 1938 erfolgte der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, es gab keine Grenze mehr, man konnte wieder reisen, aber mit Ausbruch des 2. Weltkriegs verging wohl vielen die Lust dazu. Das Hohenzollernhaus erlebte stille Zeiten in diesem abgeschiedenen Tal, die Sektion Hohenzollern im fernen Berlin sah

wenig Möglichkeit, die Hütte zu betreuen. Man weiß es zwar nicht genau, aber es ist doch zu vermuten, dass sich auch Militär in den Jahren 1940/45 dort oben aufhielt.

1945 wurde der Alpenverein, wie alle anderen Vereine auch, auf Befehl der Alliierten Militärregierung verboten. Sämtliche 179 reichsdeutschen Hütten in Österreich wurden in die

Treuhandverwaltung der österreichischen Bergfreunde gegeben, besonders Hofrat Martin Busch hat sich um die Verwaltung dieser Hütten sehr verdient gemacht. 1948 wurde der Alpenverein in

Deutschland wieder zugelassen, und 1949 schlossen sich in Berlin alle ehemaligen Berliner Sektionen (Berlin, Mark Brandenburg, Hohenzollern, Kurmark und Akademiker) zusammen zu der einen großen „Sektion Berlin.“

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Inzwischen war seit 1948 (und bis 1983) Franz Netzer aus Pfunds Hüttenwirt auf dem Hohenzollernhaus, zusammen mit seiner Frau Anna. Die ersten Jahre brachte er mit einem Saumpferd und mit einem großen Rucksack auf seinen Schultern alles Notwendige für die

Bewirtschaftung zur Hütte hinauf.

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Am 16. Mai 1954 fand in Starnberg im Restaurant „Undosa“ eine außerordentliche Hauptversammlung des Deutschen Alpenvereins statt, die sich vor allem mit der Weiterführung der vom ÖAV verwalteten deutschen Hütten befasste, und am 1.1.1956 war es endlich so weit, den deutschen Hütten-besitzenden Sektionen wurde ihr Eigentum wieder zurückgegeben.

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